ich hatte ab 1984 einen Amstrad/Schneider CPC 464, den habe ich heute noch ;) 1985 kam dafür Cyrus II heraus und es hatte eine ca. 2K große Bibi, hat gepondert, ein 3D-Brett und alle sonstigen Annehmlichkeiten (Speichern, Drucken, Analyse etc.) - ggf. hat Lang das Proggi bis dahin fehlerbereinigt. Cyrus I kam für den CPC nie heraus, daher kann ich keinen Vergleich anstellen. Cyrus II war mein erstes Programm (zuvor Sinclair ZX81 mit 16K Chess) dass meinen Mephi II klar geschlagen hat. Später kam noch Colossus von Bryant heraus und war noch etwas stärker als der Cyrus.
ich hatte früher mal mit Cyrus als DOS-Version gespielt, auf einer A2088-Karte in einem Amiga2000. das war eine Karte mit 4,77MHz 8088 CPU, 512kB RAM und etwas Dual ported RAM um die CGA-Grafikkarte in einem Amiga-Fenster emulieren zu können sowie der Benutzung einer Festplatte auf der Amiga-Seite auch für den PC. Nur eine 5 1/4 Floppy mit 360k hatte die A2088 noch selbst. Mit dieser CPU spielte Cyrus etwa so gut wie mein Sandy Encore. Dieses Cyrus für DOS hatte auch 3D-Grafik und wenn man F1 drückte kam eine Hilfeseite. Drückt man "v" dann zeigte Cyrus auch die Bewertung und die 5 besten Halbzüge an. Wenn man spaßeshalber immer den erwarteten Zug spielte dann kam die Antwort sehr häufig sofort und gleich mit den neuesten erwarteten Zügen. Für mich sah das wie pondern aus. Cyrus II für den C64 kann dagegen viel weniger, kein 3D, keine Partien abspeichern, kein Drucken. Immerhin geht der Joystick gut.
Wenn ich mir das so recht überlege wäre es vielleicht ganz lustig Cyrus unter DOSbox gegen Cyrus II auf dem Ultimate64 spielen zu lassen ;-). VG, carsten
Zitat von Strandspieler im Beitrag #92Wenn ich mir das so recht überlege wäre es vielleicht ganz lustig Cyrus unter DOSbox gegen Cyrus II auf dem Ultimate64 spielen zu lassen ;-).
Bereits 1979 betrat er mit seinem Programm MyChess die Szene. Und gleich sein Erstlingswerk war richtig gut. Das einzige Programm, das in der Lage war, den Spracklens mit ihrem Sargon 2.5 die Stirn zu bieten. Und gut 200 Elopunkte besser als der Rest.
1980 hörte man leider nichts von Dave, aber 1981 kam das zwischenzeitlich verbesserte MyChess im Novag Savant auf den Markt. Ein futuristisches Gerät mit einem Drucksensor-LCD-Schirm. Technisch damals eine Sensation. Und das Programm passte perfekt zu diesem Hitech-Gerät. Denn wieder waren nur die Spracklens besser. Aber die Konkurrenz holte auf. Nitsche war mit Mephisto II fast an Kittinger dran und auch Lang und Broughton nicht weit weg.
Eine mittlere Katastrophe war dann der Savant II im Jahr darauf. Aufgepeppt wurde lediglich die Eröffnungsbibliothek und es sollten einige "Ungenauigkeiten" beseitigt worden sein. Der Schuss ging aber nach hinten los. Der Programmcode soll angeblich gleich sein, aber irgendwas muss vermurkst worden sein. Denn der Savant II schneidet in allen meinen Tests schlechter ab als der Vorgänger. So auch hier.
Der Knaller kam dann 1983 mit dem Constellation. Ein Elosprung von rund 200 Punkten ließ Dave an allen anderen regelrecht vorbeifliegen. Der Constellation spielt in einer anderen Liga. Gegen ihn ist zu dieser Zeit kein Kraut gewachsen. Ich selbst nannte damals den Sensory 9 mein eigen und hatte immer mit Argwohn auf den Constellation geschielt - der war mir suspekt - und in der Hoffnung meine Kiste wäre doch besser hab ich mich an Zufallspunkten ergötzt und glücklich geschwätzt. Objektiv hatte der Sensory 9 aber keine Chance.
Und dann kam 1984 der Super Constellation. Ein weiterer Meilenstein. Zwar holte die Konkurrenz etwas auf, aber der Super Conny zeigte einen nie dagewesenen, spektakulären und opferbereiten Spielstil, der Dave's ewigen Ruhm als Schachprogrammierer begründete. Nur Barnes/Kaplan konnten hier einigermaßen mithalten, die anderen waren restlos überfordert.
Der Nachfolger Constellation Expert war erneut ein Schmankerl, wurde aber 1985 knapp von dem neuen Star Mephisto Amsterdam abgefangen, Dieser dominierte damals alles. Bei gleicher Hardware ist es aber ein Kopf-an-Kopf Rennen der damaligen Programmierer.
1986 kam dann der Constellation Forte. Ein Gerät mit einem durchwachsenen Ruf, allerdings demonstrierte er auf Top-Hardware dann doch seine Muskeln und konnte die Jahreswertung vor Dallas, Rebell und Par Excellence gewinnen. Noch ein letztes Mal zeigte Dave der Konkurrenz, wo der Bartl den Most holt.
1987 zogen dann Lang und Schröder vorbei. Der Super Forte war gut, keine Frage, und er ist auch deutlich zum Vorgänger verbessert. Aber die anderen hatten in der gleichen Zeit mehr Elo gefunden.
1988 machte Dave dann erneut eine schöpferische Pause und kehrte mit einem Kracher zurück. Der Super Forte B stürmte auf Platz 2 der Programmiererliste und ließ alle hinter sich. Alle außer Richard Lang, der mit seinem Portorose ein wahres Meisterstück vollbracht hatte und den anderen um Jahre enteilt war.
Elo+ by Marcus Kästner calculated on 18.05.2023 06:19:31 (modus: time relevant and color correction) based on 838 games, 3043 runs and a stretching of 250 referenced on Lang 1989 (Mephisto Portorose) with 2180 elo speed reference: ARM2 with 1 MHz = 1 ChessMips
Schaut man sich die Liste an, sieht man sehr schön, dass Dave kontinuierlich zugelegt hat. Sieht man mal von dem vermurksten Savant II ab.
Dave ist der wahre König der 80er. Er hat die Mitte des Jahrzehntes dominiert und holt sich die Krone 1983, 1984 und 1986. Und in fast allen anderen Jahren ist er ganz vorne dabei. Das hat niemand sonst auch nur annähernd geschafft. Er steht nur deshalb auf Platz 2 hinter Richard Lang, weil dieser im letzten Jahr des Jahrzehnts mit dem Portorose einen Überflieger erschaffen hat, der für jähre vorhalten sollte.
Hätte Novag - so wie Mephisto - die Weltmeisterschaften ernster genommen und Dave ebenfalls mit der besten zur Verfügung stehenden Hardware ausgestattet, wäre die Geschichte anders geschrieben worden.
Eine tiefe Verbeugung vor dem wahren Meister der 80er und dem König der Herzen: Dave Kittinger
mit deinem Bericht sprichst Du aus einem Herzen. Ich habe es immer sehr bedauert, dass sich Novag den Wettbewerben nicht gestellt hat. Peter Auge hatte seinerzeit den richtigen Weitblick, um sich aus dem Nebenkriegsschauplätzen rauszuhalten. Es ging seinerzeit oft nicht um den sportlichen Wettkampf, sondern darum, wie kann ich den Konkurrenten in Misskredit bringen. Auch wenn wir das Hauen und Stechen interessiert verfolgt haben, hätte Dave mit Sicherheit im fairen Wettkampf mit der nötigen Hardware um die WM Krone ein entscheidendes Wörtchen mitgeredet. Der Diablo kam leider zu spät und war vom damaligen Entwicklungsstand ein zahnloser Tiger. Wobei die die Möglichkeiten der Programmierung auf der neuen 68000 Technologie auch beherrscht werden muss. Darin war King Richard damals ein unangefochtener Genie. Durch den Constellation und vor allem dem Supercony wurde ich zum Novag Fan. Die Faszination des Supercony hat bis heute an. An dieser Stelle möchte ich den Turbostar 432 ins Gedächtnis rufen, ich halte ihn dem Supercony für ebenbürtig. Leider fehlt auch ihm etwas Rechenpower.
Mit dem Bericht von Marcus wird man in die Pionierzeit zurückversetzt. Danke dafür.
ja, das war schon krass damals, die Missgunst und die vielen unfairen Aktionen. Deshalb war ich auch nie ein Mephisto-Fan, weil ich die seinerzeit als die mit Abstand Schlimmsten von allen empfunden hatte. Ja, der Diablo kam viel zu spät und war auch keine Meisterleistung. Der Turbostar scheint mir auf guter Hardware mindestens so gut wie der Super Constellation. Zumindest in dieser Liste hier hat er hardwarebereinigt stärker gespielt.
Das war schon eine sensationelle Zeit damals. Komisch, dass die alten Säcke immer von der tollen Zeit früher schwadronieren Damals dachte ich immer "jo, oppa, alles klar". Heut mach Ichs genauso
Dieser Abriss ist etwas kürzer als die bisherigen. Einfach deshalb, weil Frans erst in der zweiten Hälfte der 80er Jahre, also viel später als die anderen, ins Rampenlicht trat - dafür blieb er dann aber auch viel länger als die anderem bei der Stange. Was die wenigsten wissen: Angeblich beginnt Frans bereits als 13 Jähriger 1967 mit der Schachprogrammierung. Ich frage mich, wo und wie das auf den damaligen garagengroßen Lochkartenrechnern zu bewerkstelligen gewesen wäre, aber gut.
Jedenfalls fand sein Programm Nona 1985 einzug in den Mephisto Mondial. Und es war gleich ein Knaller. Auf adäquater Hardware mit 3 CMips kommt er, allerdings auch vom Zufall verwöhnt, bis auf 25 Elopunkte an Kittinger und Lang heran. Noch vor Spracklen und Rathsmann.
1986 bestand die Konkurrenz nur aus etablierten Größen. Hier wurde Morsch mit dem Supermondial letzter. Allerdings war der Abstand vom Ersten zum Letzten mit 140 Elo klein wie nie und der Supermondial hatte eine Pechsträhne erwischt und sich weit unter Wert verkauft.
1987 werkelte im Monte Carlo fast das gleiche Programm, schnitt aber auf Rang vier wesentlich besser ab. Frans war wieder in "seiner" Region angekommen.
Einen weiteren Sprung machte er 1988 mit dem CXG Sphinx Dominator. Hier nahm er mit dem dritten Rang seinen "Stammplatz" ein und konnte sich erstmals vor Landsmann Ed Schröder platzieren.
Den größten Elosprung gab es dann 1989 mit seinem fehlerbereinigten Dominator 2.05 und mächtigen 18 CMips. Frans kratzt hier erstmals an der 2100 Elomarke und findet sich erneut auf dem dritten Rang, hinter Kittinger und LANG wieder, aber wie im Jahr davor noch vor Ed Schröder.
Elo+ by Marcus Kästner calculated on 20.05.2023 06:25:51 (modus: time relevant and color correction) based on 838 games, 1982 runs and a stretching of 250 referenced on Lang 1989 (Mephisto Portorose) with 2180 elo speed reference: ARM2 with 1 MHz = 1 ChessMips
Man wusste früh um das Potential von Frans Morsch, der in Hardcore-Assembler auch auf noch so beschränkter Hardware das Letzte herauskitzeln konnte. Zur absoluten Spitze reichte es auf den Brettgeräten aber nie. Zwei bis drei andere waren immer besser. Dass der ewige Dritte aber viele Jahre später auf dem PC mit seinem Fritz eine beispiellose Dominanz erreichen sollte, daran dachte niemand auch nur im Entferntesten.
Wir dürfen den Hut vor einem begnadeten Programmierer ziehen.
CXG Sphinx, Fidelity Avantgarde, Brikett Mephisto III, MKVI
Na der Frans war ein virtuose was den suchbaum angeht. Aber Schröder packte mehr wissen rein.
„Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen Wirklichkeit sein. Hier ist ein Märchen von übermorgen: Es gibt keine Nationalstaaten mehr. Es gibt nur noch die Menschheit und ihre Kolonien im Weltraum. Begleiten wir die ORION und ihre Besatzung bei ihrem Patrouillendienst am Rande der Unendlichkeit.“
Kaum jemand der kommerziellen Programmierer war so früh am Start wie Dan und Kathe Spracklen, die bereits 1977 ihr Programm Sargon herausbrachten. Und niemand hat die Anfangsjahre derart dominiert. In den 70ern lagen sie mehrere hundert Elo-Punkte vor der Konkurrenz. erst mit Dave Kittinger trat 1979 ein ernst zu nehmender Konkurrent ins Rampenlicht.
Trotzdem waren die Spracklens auch 1980 das Maß der Dinge und konnten mit ihrem Fidelity Champion auch die aufstrebenden Deutschen Nitsche/Henne mit ihrem Mephisto I in Schach halten.
Gleiches gilt für 1981. Der Elite Champion war selbst auf gleicher Hardware für die versammelte Konkurrenz mit über 100 Elopunkten Vorsprung mehr als eine Nummer zu groß. Er war seiner Zeit derart voraus, dass er unverändert auch noch im Folgejahr unangefochten die Nummer eins war und keinen Gegner auch nur im Ansatz zu fürchten hatte.
Erst ab 1983 begann sich das Blatt zu wenden. Kittinger kam mit dem Constellation und stampfte die Spracklens in den Boden, die auch noch Barnes/Kaplan an sich vorbeiziehen lassen mussten. Der Prestige Budapest war nicht wirklich besser als der Elite Champion und drei Jahre Stillstand waren einfach zu viel. Die Spracklens hatten sich zu lange auf ihren Lorbeeren ausgeruht und sollten nie wieder ihre einst führende Stellung auch nur annäherungsweise zurückerobern können.
Auch mit dem Glasgow setzte sich 1984 der langsame aber stetige Abstieg fort. Dan und Kathe sind hinter Rathsmann nur noch vierte Kraft und ihnen sitzt schon Richard Lang auf fünf im Nacken.
1985 ging es mit dem Excellence zwar elomäßig deutlich voran, aber nicht in der Platzierung. Zwar konnte Rathsmann überholt werden, dafür preschte Newcomer Morsch gleich vorbei.
Der große Bruder Par Excellence ist hardwarebereinigt kaum stärker, trotzdem wurde der vierte Platz 1986 gehalten. Morsch viel zurück, dafür zog Schröder mit dem Rebell vorbei.
Der Umstieg 1987 auf den 68000er brachte weniger Gewinn als erwartet, die Spracklens rutschen nun sogar auf Platz 5 ab und mussten fast alle etablierten Programmierer vorbeiziehen lassen.
Allerdings kam 1988 mit dem Mach III das fast schon unerwartete Revival. Die Spracklens waren wieder bei der Musik. Man darf natürlich 14 Partien nicht überbewerten, und der Mach III hat über seine Verhältnisse gescored, trotzdem ist die Qualitätssteigerung des Programmes zu den Vorgängern deutlich sichtbar.
Das letzt Produkt für Fidelity, der Elite Avantgarde, fiel dann wieder auf Platz 5 zurück. das Programm ist beileibe nicht schlecht und auf lange Sicht sicherlich besser als der Mach III, aber die anderen haben mit Dominator, Polgar und Forte B einfach 8-bitter an den Start gebracht, die bei Kompensation des Hardwarenachteils doch noch eine andere Qualität besitzen. Insoweit geht das Ergebni in Ordnung.
Elo+ by Marcus Kästner calculated on 21.05.2023 08:02:45 (modus: time relevant with color correction) based on 838 games, 2507 runs and a stretching of 250 referenced on Lang 1989 (Mephisto Portorose) with 2180 elo speed reference: ARM2 with 1 MHz = 1 ChessMips
Die Spracklens hatten Ihre große Zeit von 1977 bis 1982. Danach ging die Dominanz schlagartig flöten. Nach dem Elite Champion, der eine Klasse für sich war, gingen irgendwie die Ideen aus. Das bis dato höchst erfolgreiche Dschungelschach, das heißt den Horizont durch Verkomplizierung der Stellung durch irgendwelche verschachtelten Drohungen, die oft am Ende nicht korrekt waren, nach hinten zu verschieben, funktionierte nur, so lange die Suche und die Suchtiefe den anderen überlegen waren. Als die anderen in der Suche aufgeholt hatten, ging das nicht mehr so und es kamen die positionellen Defizite stärker zum Tragen.
Nichtsdestotrotz stoßen wir an auf die Pioniere des Computerschach, die bis heute nichts von ihrer Faszination verloren haben.
ein interessanter Vergleich und eine gute Beschreibung der Spracklen Programme. Die sehr langsame Entwicklung der Programme war mir gar nicht so bewusst.
Damit wird die Übernahme durch Mephisto noch tragischer als mir bisher bekannt. Nicht nur, dass ein finanziell angeschlagenes Unternehmen gekauft wurde, vielmehr waren die Produkte weder noch konkurrenzfähig noch besonders innovativ. Welchen Vorteil man sich mit dem Zusammenschluss erhofft hatte, bleibt ein Rätsel.
Ich bin sehr auf gespannt welche Berichte Du noch teilen wirst. Hast Du auch noch eine Story zu Chafitz, SciSys bzw. Saitek?
das war mir auch nicht so bewusst. Aber es ist doch recht deutlich zu Tage getreten, wie Fidelity so ab 1983 langsam den Anschluss verloren hatte. Das konnte immer etwas übertüncht werden durch starke Hardware und Ideen wie Hash-Tables, Dual-CPU, usw. Insoweit fand ich Fidelity schon innovativ.
Ich denke man hatte sich damals bei der Übernahme erhofft, den amerikanischen Markt zu übernehmen. Da war Mephisto ja gegen Fidelity vom Marktanteil chancenlos. Allerdings war Sid Samole sehr viel cleverer als Manfred Hegener und hat sehr früh erkannt, dass der Markt einbricht und deshalb noch mal richtig abkassiert bevor es zu spät war. Andere Storys kommen noch, ich gehe da die Rangliste in der gesamten Programmierer-Rangliste (siehe oben) - so weit möglich - runter.
Ed Schröder kam recht spät an Deck, dafür aber 1986 gleich mit einem Paukenschlag, als er um ein Haar bei seinem ersten Auftritt auf einem bescheidenen 6502-10 gegen Spezialmaschinen und Großcomputer gleich Weltmeister aller Klassen geworden wäre. Mephisto sicherte sich die Vertriebsrechte, aber das Rebel-Modul hielt nicht, was es versprach. Trotzdem gab es 1986 außer dem Dallas kaum etwas besseres, wiewohl in diesem Jahr die Programmierer dicht beieinander lagen wie nie.
Und auch 1987 war Ed Schröder mit dem deutlich verbesserten MM IV bis auf wenige Elopunkte ganz dicht dran. Nur der Roma von König Richard war noch einen Hauch besser.
1988 viel Ed Mit dem Mega IV auf Rang 4 zurück. Der Mega IV bot kaum etwas Neues, während die gesamte Konkurrenz in diesem Jahr einen großen Sprung nach vorne gemacht hatte. Ed musste nachlegen.
Und er legte 1989 mit dem Polgar gut nach. Das taten die anderen allerdings auch, weshalb Ed sich nur um einen Rang auf Platz 4 verbessern konnte. Es war alles aber ausgesprochen eng. Zwischen Platz 2 und Platz 5 lagen gerade einmal 50 Elopunkte. Das ist bei den hier vorliegenden nur 18 Partien jeweils geradezu nichts.
Elo+ by Marcus Kästner calculated on 21.05.2023 08:02:45 (modus: time relevant and color correction) based on 838 games, 2507 runs and a stretching of 250 referenced on Lang 1989 (Mephisto Portorose) with 2180 elo speed reference: ARM2 with 1 MHz = 1 ChessMips
Ed Schröder steigt erst erst in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts ein, ist aber sofort und bis zum Ende immer weit vorne dabei. Seine Programme haben einen aktiven und raumorientierten Spielstil und machen wesentlich mehr Spaß als die Lang-Kreatione, spielen aber trotzdem deutlich solider als die Spracklen-Programme. Wenn man hier Schwächen ausmachen möchte, dann sind es gelegentliche positionelle und taktische Ausfälle, die eine gute Partie ruinieren. Und das Endspiel war ebenfalls nie eine Stärke der Schröder-Programme. Dies hat sich bis zu seinem Rückzug 2003 fortgesetzt. Rebel und alle seine Ableger konnten hier manchmal sehr gute Leistungen zeigen, meistens war es jedoch nichts Berühmtes und manchmal sogar unmittelbar verlustig.
Im Übrigen, das muss ich persönlich hinzufügen, hat Ed einen sagenhaften Humor und kann herzhaft auch über sich selbst lachen. Ich fuhr mit ihm zur WMCC 2000 nach London (https://www.chessprogramming.org/WMCCC_2000) in seinem Opel Kadett von Amsterdam nach London und bediente den von mir mitvorbereiteten ChessTiger aus seinem Stall, da der Autor Christophe Theron verhindert war. Es war die lustigste Fahrt aller Zeiten. Als wir am nächsten Morgen gegen 4 Uhr in London ankamen hatten wir Bauchmuskelkater, so hatten wir über Stunden während der ganzen Fahrt Tränen gelacht.
Auf der anderen Seite kann Ed aber auch sehr ernst sein und trifft seine Entscheidungen in der Regel erst nach sorgfältigem Nachdenken. Ich erinnere mich an die langen Diskussionen während des furchtbar schlechten englischen Frühstücks, in welche Eröffnung wir den nächsten Gegner möglichst hineinzwingen wollen. Und Ed war immer hochgradig fair - etwas, was man von vielen anderen dieser Zeit ganz und gar nicht sagen kann. Ich erinnere mich an die ganzen Diskussionen mit Amir Ban, Stefan Mayer-Kahlen oder Ossi Weiner mit dem Turnierdirektor Jaap van den Herik, wo es immer nur darum ging, den eigenen Vorteil so weit wie irgend möglich auf Kosten der anderen auszudehnen. Ed hielt sich hier immer zurück, zeigte aber klare Kante, wenn es ihm zu bunt wurde.
Wir zollen einem besonders sympathischen und ausgesprochen fairen Schachprogrammierer unseren Respekt.
Der nächste in der Liste ist Henrik Kuyer. Über den hab ich leider nicht viel zu berichten. Er kam wie Phoenix 1989 als Autor des Schachmotors der Final Chess Card für C64 und PC. Und danach verschwand er gleich wieder. Die Final Chess Card spielte eigentlich zu gut für eine Eintagsfliege, so dass doch einige Fragen offen bleiben. Ohne hier irgendetwas unterstellen zu wollen, ist ja die Computerschachprogrammiererei bekannt für ihre Plagiatsskandale. Wir erinnern uns an den Novag Delta als Raubkopie des Boris, den DDR-Chess-Master als Raubkopie des Fidelity Chess Challenger 10 und später des Sargon 2.5. Oder sozusagen als "Highlight" das Programm Quick Step, das plötzlich bei der WM in Portoroz auftauchte, zunächst alles in Grund und Boden spielte und dann als Raubkopie vom Mephisto Almeria entlarvt wurde. Nomen est omen, hier wurde tatsächlich ein "Quick Step" ausgeführt und einfach Code kopiert um schnell zu Ruhm zu kommen. Und so weiter und so weiter...
Einer, der mit Sicherheit nicht raubkopierte war Ulf Rathsmann. Der kam schon recht früh im Jahr 1982 auf dem Consumenta Conchess - allerdings noch mit recht bescheidener Spielstärke. Dies resultiert in einem vorletzten Platz des Jahrgangs.
Der Mephisto B&P war 1984 da schon eine ganz andere Hausnummer und bereits ein ernst zu nehmender Gegner. Rathsmann konnte sich hiermit bereits als Nummer drei vor Lang und Spracklen etablieren.
Der Nachfolger MM II war 1985 relativ gesehen nicht mehr ganz so stark und viel auf Platz 5 zurück, Spracklen und Lang zogen wieder vorbei.
Ulf schienen die Ideen auszugehen und er brachte erst 1989 mit dem Conchess Plymate Victoria etwas Neues an den Start. Dies ist sein bestes Programm. Aber die Zeit war abgelaufen, die anderen hatten zwischenzeitlich so große Fortschritte gemacht, dass Ulf Rathsmann ins hintere Drittel des Feldes zurückfiel und auch bei der WM 1989 kein gewichtiges Wörtchen mitreden konnte. Er beendete dann auch seine Karriere als Schachprogrammierer.
Elo+ by Marcus Kästner calculated on 23.05.2023 06:37:31 (modus: time relevant and color correction) based on 838 games, 2582 runs and a stretching of 250 referenced on Lang 1989 (Mephisto Portorose) with 2180 elo speed reference: ARM2 with 1 MHz = 1 ChessMips
Die Rathsmann Programme waren gefürchtet für ihre taktische Schlagkraft. Materialgewinn sahen sie oft schon einen Halbzug vor dem Gegner. Die Schwäche waren ganz klar die positionellen Aspekte, die völlig unterbewertet wurden, ganz besonders die Bauernstrukturen. Auch für Ulf gilt, ebenso wie für Ed, die herausragende Fairness im damaligen Haifischbecken.
Wir huldigen dem Gentleman der Programmierer, Ulf Rathsmann.
Das Duo Barnes/Kaplan war mit dem Mattel Computer Chess 1980 schon relativ früh am Start. Die Werbung versprach eine schachliche Überlegenheit zu den Fidelity Nelson Geräten. Wie immer hält die Realität nicht das, was die Werbung verspricht. Der Mattel Computer Chess war dicht dran, aber eben nicht besser und von Spracklen und Nitsche war man meilenweit entfernt. Lediglich Johnson mit Intelligent Chess konnte leidlich in Schach gehalten werden und einzig der auch noch fehlerhaft raubkopierte Nova Delta 1 war signifikant schwächer.
1981 kam von Barnes/Kaplan nichts. Sie setzten sich in dieser Zeit auf die Hinterbeine und tüftelten ein neues Konzept aus, dass sie in den kommenden Jahren weit nach vorne bringen sollte. Und 1982 landeten sie dann prompt mit dem SciSys President Chess hinter Spracklen und Broughton auf dem dritten Rang. Allerdings waren die Spracklens zu dieser Zeit in einer anderen Liga und unantastbar. Barnes/Kaplan konnten aber Größen wie Nitsche/Henne (Mephisto II) oder auch Aktin (Steinitz) hinter sich lassen und mit ihrem Programm durchaus überzeugen.
1983 dann der große Wurf mit dem Scisys Superstar 28K. Dieses Gerät war ein Quantensprung und so stark, dass sogar die Spracklens mit ihrem Elite Budapest überholt werden konnten. Die Tragik für Barnes/Kaplan war, dass just in diesem Jahr Dave Kittinger ebenfalls seine Sternstunde hatte und mit seinem Nova Constellation alles in Grund und Boden spielte.
Auch der Nachfolger Superstar 36K war 1984 ein bärenstarkes Programm und rückte ganz dicht an den Super Constellation von Dave Kittinger heran. Rathsmann, Spracklen und die anderen wurden deutlich hinter sich gelassen. Dies war die Hoch-Zeit von Barnes/Kaplan, die danach mit ihrem Programm nie wieder derart weit vorne lagen.
1985 ging mit Richard Lang der neue Stern auf und Barnes/Kaplan vielen von zwei auf sieben zurück. Ihr Turbostar war keineswegs ein schlechtes Programm, ganz im Gegenteil. Aber die Konkurrenz mit Rathsmann (MM II), Spracklen (Excellence), Morsch (Mondial), Kittinger (Expert) und Lang (Amsterdam) waren halt einen Tick besser, Nur Danielsen (Super Enterprise) und Bryant (Colossus 4) konnte Barnes/Kaplan hinter sich lassen. Allerdings lagen die Protagonisten auch nie dichter beieinander wie in diesem Jahr.
1986 kam dann der Saitek A. Ein hochinteressantes und durchaus starkes Programm. Aber die anderen waren stärker. Barnes/Kaplan rutschten in einem erneut sehr sehr dichten Feld auf den vorletzten Platz ab. Man darf sich hier aber nicht täuschen lassen. Der Saitek A lag im Grunde auf einem Niveau mit Supermondial, Par Excellence, Rebell 5.0 und Dallas. Lediglich der Forte konnte sich etwas abheben. Zumindest bei der hiesigen Referenzgeschwindigkeit.
Der Nachfolger "B" kam 1987 und wurde erneut vorletzter. Allerdings hatte die Konkurrenz zwischenzeitlich bedeutend mehr zugelegt, so dass der Abstand sehr klar zu Tage trat. Barnes und Kaplan hatten keine neuen Ideen mehr. Das wurde deutlich.
Der Niedergang setzte sich auch im Jahr 1988 weiter fort. Mit dem Saitek C wurden Barnes/Kaplan abgeschlagen Jahrgangsletzte.Der Abstand zur Spitze Spracklen und Lang summierte sich auf über 200 Elopunkte auf. Zumindest wenn man die Programme, wie vorliegend, alle mit über 7 CMips befeuert.
Der Platz am Tabellenende wurde in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts von Barnes und Kaplan gepachtet. 1989 wurden sie mit ihrer D-Version nur deshalb nicht Letzte, weil Neueinsteiger Chris Whittington mit seinem Chess Player 2150 noch viel viel schwächer war.
Elo+ by Marcus Kästner calculated on 25.05.2023 06:33:12 (modus: time relevant and color correction) based on 838 games, 3016 runs and a stretching of 250 referenced on Lang 1989 (Mephisto Portorose) with 2180 elo speed reference: ARM2 with 1 MHz = 1 ChessMips
Die Tabelle verdeutlicht, dass relativ gesehen der Turbostar von 1985 das Sahnestück von Barnes/Kaplan war. Auch wenn hier bei nur wenigen Partien eine erhebliche Fehlerbreite möglich ist, so ist es doch naheliegend, dass die späteren Kreationen von Barnes/Kaplan kaum besser waren.
Wie auch immer, Barnes/Kaplan gehörten zweifellos zu den Großen der 80er Jahre, dies erkennen wir ohne wenn und aber an.
Der talentierte Schachprogrammierer Marty Bryant hatte nie einen Vertrag mit den großen Schachcomputerherstellern. Er brachte seine Programme ausschließlich auf (Heim)(Computern. Amstrad CPC, Commodore C64, Atari XL, Sinclair Spectrum und schließlich IBM PC.
Dies fing bereits 1982 mit White Knight MK 11 an. White Knight hatte keine Eröffnungsbibliothek und spielte furchtbar passiv. Aber die Suche war nicht schlecht und so konnte er sich bereits in seinem Einsteigerjahr im Mittelfeld und noch vor Rathsman, Kittinger und Lang platzieren.
Der verbesserte Nachfolger MK 12 riss 1983 zwar keine Bäume aus, war aber trotzdem verbessert. Marty Bryant lag immer noch vor Richard Lang und nur knapp hinter Nitsche/Henne.
Ein großer Sprung gelang Marty Bryant 1984 mit Colossus 2.0. Das Programm war ein ernst zu nehmender Gegner und lag in diesem Jahr sogar auf Platz 5 - die beste Platzierung, die Marty je schaffte. Nitsche und Henne konnten nun deutlich distanziert werden, allerdings war der Abstand zum führenden Dave Kittinger noch größer.
Das Programm, das wohl jeder kennt, der damals einen C64 hatte, ist Colossus 4. Er war der Star unter den Schachprogrammen für Heimcomputer. Allerdings ist der Mythos größer als die Leistung, denn Marty belegt mit diesem Programm in der Jahresübersicht 1985 den letzten Platz! Nicht weil es so schwach wäre, sondern weil die anderen in diesem Jahr so enorme Fortschritte gemacht haben.
1987 legte Marty eine Pause ein und kam 1988 mit Colossus X für den PC. Dieser zeigt sich deutlich verbessert. Marty kann zwar nur einen Platz gewinnen, aber er reduziert den Abstand zu den anderen wieder und lässt zumindest Barnes/Kaplan hinter sich.
Elo+ by Marcus Kästner calculated on 25.05.2023 06:33:12 (modus: time relevant and color correction) based on 838 games, 3016 runs and a stretching of 250 referenced on Lang 1989 (Mephisto Portorose) with 2180 elo speed reference: ARM2 with 1 MHz = 1 ChessMips
Marty ist ein guter Handwerker, der aber nicht mit der Genialität manch anderer gesegnet ist und deshalb nur gute, aber keine herausragende Erfolge feiern konnte. Er ist aber einer der wenigen Programmierer, dessen Nachfolgeversion stets und ausnahmslos signifikant besser spielte als der Vorgänger. Nach jahrelanger Abstinenz hat Marty seine Leidenschaft wiederentdeckt und neue Versionen aufgelegt. Er bedient seine Fans auch heute noch mit kostenlosen Ablegern von Colossus, die fast unendlich stärker sind als die damaligen Kreationen.
Wir heben das Glas auf einen bis heute aktiven Schachprogrammierer, der erschwingliches Schach auf dem Heimcomputer hoffähig gemacht hat.
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18.05.2023 00:28 (zuletzt bearbeitet: 18.05.2023 00:31)
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